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Hoffnungsträger oder Luftnummer?

HVO100: Neuer Wunder-Diesel oder gefährliche Mogelpackung?

Foto: klima-kraftstoffe.de

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Der neue Dieselkraftstoff HVO100 sorgt für hitzige Diskussionen. Während der ADAC den Kraftstoff als umweltfreundliche Lösung preist, warnt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) vor erheblichen Gesundheitsrisiken. Was steckt wirklich hinter diesem umstrittenen Sprit?

ADAC: „HVO100 ist sauber!“

Der ADAC hat HVO100 auf Herz und Nieren geprüft und ist begeistert: Der neue Kraftstoff unterschreitet die Grenzwerte für Rußpartikel um bis zu 97 Prozent und für Stickoxide um 78 Prozent. ADAC-Technikchef Karsten Schulze wirft der DUH Panikmache vor und lobt HVO100 als wichtigen Schritt zu weniger Emissionen im Straßenverkehr.

„Unsere Messungen zeigen klar: HVO100 reduziert schädliche Emissionen erheblich. Die DUH verbreitet unbegründete Ängste,“ so Schulze.

Laut ADAC bieten alternative Kraftstoffe wie HVO100 eine notwendige Brücke zur Elektromobilität, deren Entwicklung langsamer voranschreitet als erhofft. Der ADAC betont, dass HVO100 nicht nur für die Umwelt, sondern auch für die Verbraucher eine kostengünstige und effektive Lösung sei, um den CO2-Fußabdruck zu reduzieren.

DUH: „HVO100 macht krank!“

Die Deutsche Umwelthilfe hält dagegen: Ihre Tests an einem Euro-5-Diesel-Pkw zeigen mehr ultrafeine Partikel und 20 Prozent höhere Stickoxidwerte als herkömmlicher Diesel. Axel Friedrich von der DUH spricht von einer „gefährlichen Mogelpackung“ und fordert Verkehrsminister Wissing auf, die Wahrheit über HVO100 zu sagen.

„Unsere Messungen belegen, dass HVO100 die Gesundheit gefährdet. Wir fordern ehrliche Informationen und den Stopp dieses gefährlichen Experiments,“ so Friedrich.

Friedrich betont, dass besonders die ultrafeinen Partikel gefährlich seien, da sie tief in die Lunge und den Blutkreislauf eindringen könnten. Diese Partikel könnten zu schweren gesundheitlichen Problemen führen, darunter Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf-Probleme.

Verkaufsstart CLASSIC Tankstelle in Hoya, 3. Februar 2023
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Foto: klima-kraftstoffe.de

Streit um Rohstoffe

Die DUH kritisiert zudem, dass HVO100 nicht nur aus altem Frittieröl, sondern auch aus Palmöl hergestellt wird. Dies führe zur Abholzung von Regenwäldern und bedrohe die Biodiversität. Jürgen Resch von der DUH fordert daher eine echte Mobilitätswende statt falscher Versprechungen.

„HVO100 ist ein Umwelt-Desaster. Wir brauchen echte Lösungen und keine Placebos,“ so Resch.

Laut DUH wird die begrenzte Verfügbarkeit von Abfallstoffen durch die Beimischung von extra angebauten Pflanzenölen wie Palmöl kompensiert, was nicht nur die Nachhaltigkeit des Kraftstoffs infrage stellt, sondern auch erhebliche ökologische Schäden verursacht.

Expertenmeinungen und politische Forderungen

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, fordert Bundesverkehrsminister Volker Wissing auf, die angeblich falschen Aussagen über die Umweltfreundlichkeit von HVO100 zurückzunehmen und transparente Informationen über die tatsächlichen Emissionswerte zu liefern. Die DUH verlangt eine ehrliche Mobilitätswende und eine technische Nachrüstung der bestehenden Diesel-Fahrzeuge anstatt auf vermeintlich klimafreundliche Alternativen wie HVO100 zu setzen.

„Wir brauchen genauere Untersuchungen, welche Fahrzeuge tatsächlich – ohne zusätzlich die Atemluft zu belasten – HVO100 tanken können. Und wir brauchen vor allem eine echte und ehrliche Lösung der seit neun Jahren in Deutschland vom Bundesverkehrsministerium behinderten technischen Nachrüstung der Diesel-Bestandsfahrzeuge mit im Sommer wie im Winter funktionierenden Stickoxidkatalysatoren und für ultrafeine Partikel geeigneten Dieselrußfiltern,“ so Resch.

Der ADAC hingegen sieht in HVO100 eine wichtige Übergangstechnologie, um die CO2-Emissionen im Verkehr kurzfristig zu senken. Karsten Schulze betont, dass alternative Kraftstoffe wie HVO100 notwendig seien, um die Umweltziele zu erreichen und gleichzeitig die Mobilität der Bevölkerung sicherzustellen.

Wissenschaftler widersprechen den DUH-Behauptungen

Prof. Dr.-Ing. Thomas Willner von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg) widerspricht den Ergebnissen der DUH deutlich. „Eine Auswertung der einschlägigen internationalen Literatur einschließlich Peer-Review-Publikationen kommt zum gegenteiligen Ergebnis. Für Pkw- und Lkw-Motoren lassen sich durch den Einsatz von HVO100 sowohl Partikel- und Rußemissionen als auch NOx-Emissionen reduzieren“, erläutert der Verfahrenstechniker. Willner betont, dass HVO-Abgase bis zu 80 Prozent weniger Partikelmasse als B7-Diesel-Abgase enthalten, was Dieselpartikelfilter stark entlastet. Im kritischen Feinstbereich unter zehn Nanometer seien die HVO-Abgaspartikel gegenüber B7-Diesel-Abgaspartikeln deutlich reduziert.

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Foto: klima-kraftstoffe.de

Dr.-Ing. Olaf Toedter vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) unterstützt diese Sichtweise. „Verschiedene international publizierte wissenschaftliche Untersuchungen zeigen einen Vorteil in den Rußemissionen bei einem Einsatz von HVO. Eine Verschlechterung kann – wenn überhaupt – nur in einzelnen Betriebspunkten bei HVO-Mischkraftstoffen gesehen werden,“ so Toedter. In den meisten Betriebspunkten seien sogar Vorteile bei NOx sichtbar, wobei dies vom individuellen Motorkonzept und der Betriebsstrategie abhänge. Die Studien, sowohl aus Deutschland als auch dem Ausland, kommen zu dem Schluss, dass HVO im schlechtesten Fall keine Erhöhung der Emissionen zur Folge hat und im besten Fall die Partikelemissionen (Rußmasse PM) um bis zu 80 Prozent senken kann.

Experten fordern transparente Kommunikation

HVO100 polarisiert: Der ADAC sieht einen klimafreundlichen Hoffnungsträger, die DUH eine gesundheitsschädliche Mogelpackung. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Klar ist nur: Der Kampf um die Deutungshoheit wird weitergehen. Beide Organisationen fordern weitere Untersuchungen und eine transparente Kommunikation der Ergebnisse, um die Öffentlichkeit umfassend zu informieren. Eine objektive und umfassende Aufklärung der Öffentlichkeit ist unerlässlich, um die Chancen und Herausforderungen von HVO100 realistisch zu bewerten.

Quellen: adac.de, www.duh.de, klima-kraftstoffe.de

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